Lemberg-Projekte: Orthesen schaffen Erleichterung für gelähmte Glieder

Mittwoch, 22. Mai 2019

Wir hatten Gelegenheit, anlässlich unserer Frühjahrsreise im April 2019 die Fortschritte jener Kinder im Heim Boryslaw zu sehen, die mit Orthesen ausgestattet wurden, um für die gelähmten Glieder Erleichterung und Korrektion zu verschaffen.

Rehabilitologe Sahar Koyij justiert den Sitz der Orthesen.


Text

Wir hatten Gelegenheit, anlässlich unserer Frühjahrsreise im April 2019 die Fortschritte jener Kinder im Heim Boryslaw zu sehen, die mit Orthesen ausgestattet wurden, um für die gelähmten Glieder Erleichterung und Korrektion zu verschaffen.


Bericht

Reisebericht vom 14. bis 17. April 2019



Teilnehmer: Lorenz Zubler, Lilo Weber, Manuela Eichenlaub, Martina Wiessner-Kniffka & Tochter Victoria, Ruth & Martin Gisler, Mirella & Hanspeter Ryser.



Unsere diesjährige Frühjahrsreise nach Lemberg erwies sich wiederum als gute Erfahrung mit interessanten Begegnungen mit den von uns unterstützten Projektgruppen. Wir hatten Gelegenheit, die Fortschritte jener Kinder im Heim Boryslaw zu sehen, die mit Orthesen ausgestattet wurden, um für die gelähmten Glieder Erleichterung und Korrektion zu verschaffen.



 



Dr. Roland Ballier vom RC Kreuzlingen Konstanz hat letzten Herbst die Orthesen und ihre Anwendung treffend beschrieben: „Unter einer Orthese versteht man ein medizinisches Hilfsmittel, das zur Stabilisierung, Entlastung, Ruhigstellung, Führung oder Korrektur von Gliedmaßen oder des Rumpfes eingesetzt wird und industriell, oder durch einen Orthopädietechniker oder Orthopädieschuhtechniker auf ärztliche Verordnung hin, individuell für einen Patienten hergestellt wird. Es ist eine Art mechanische, oft gelenkige Stütze,  die von außen mittels Klettverschlussbändern an Oberschenkel, Unterschenkel und Fuß oder Unterarm angelegt wird.“



„Mittels der Orthese wird das erkrankte und durch die Spastik in Fehlstellung fixierte Körperteil korrektiv in die natürliche Lage zurückversetzt, und damit werden auch Folgeerkrankungen verhindert. Anders ausgedrückt – diese Therapie ist in der Lage, den Betroffenen in einer Art und Weise zur Selbstständigkeit im späteren Leben zu verhelfen (essen, bewegen, laufen), welche den pflegerischen Aufwand vermindert und das Selbstwertgefühl der Patienten in erheblichem Maße aufwertet.“



 



Bei unserem Besuch waren wir sehr beeindruckt vom Therapeuten vor Ort und den drei jungen Fachkräften, welche für die Orthesierung der Kinder zuständig sind. Ganz offensichtlich hat sich zwischen ihnen und den Kindern ein starkes Vertrauensverhältnis entwickelt: Die Kinder fassen Mut, und wir konnten zusehen, wie beispielsweise die 13jährige Maria Hwust erste Schritte ohne Krücken unternahm und sich darüber herzlich freute.



 



Noch gibt es einiges zu tun, doch wir dürfen mit einiger Genugtuung feststellen, dass sich das Heim Boryslaw nun in einem für ukrainische Verhältnisse tadellosen Zustand befindet. Noch sind einige Kinder mit Orthesen auszurüsten, und Kurse für Eltern und Erzieher sollen in Kürze angeboten werden, um den pfleglichen Umgang mit orthesierten Kindern zu erlernen.



 



Pavlo Titko, Leiter des Malteser Hilfswerks in der Ukraine, ist zu unserer Freude ganz der Alte, der mit etlichen neuen Ideen für Hilfsprojekte aufwartet. Ein grosses Anliegen ist ihm nach wie vor der Erholungsurlaub für traumatisierte Kinder aus der umkämpften Region Donbass. Wir haben seinerzeit mit einem Benefizkonzert 2016 den Aufenthalt von mehreren Gruppen mit insgesamt über 120 Kindern in der Region Lemberg ermöglicht. Pavlo arbeitet in dieser Sache an einem Konzept, das er uns zusammen mit einem Budget in Kürze vorlegen wird. Ausserdem könnte er mit unserer Hilfe eine Holz- und Metallwerkstatt für behinderte Jugendliche aufbauen. Hier geht es um die sinnvolle Beschäftigung Jugendlicher, die das Schulalter hinter sich und eine ungewisse Zukunft vor sich haben. Auch für dieses Projekt erwarten wir konkrete Vorschläge von Pavlo. Um die bereits durchgeführten und abgerechneten Orthesierungen abzuschliessen, haben wir Pavlo 5000 Franken mitgebracht.



 



„Open Hearts“, die Selbsthilfegruppe junger behinderter Menschen, deren Leitungsteam Ostap, Natalja und Ihor wir zum Mittagessen trafen, hat sich im Winter sehr bescheiden verhalten und für ihre drei Veranstaltungen nur wenig Geld ausgegeben. Trotzdem konnte unter anderem ein Violinkonzert im Opernhaus Lemberg besucht werden, und die weihnachtlichen Aktivitäten kamen auch nicht zu kurz. Für das laufende Jahr ist wiederum eine Ferienwoche vorgesehen, doch sind die Pläne noch nicht allzu weit gediehen. Wir haben der Gruppe 3000 Franken übergeben, um damit Veranstaltungen im ersten Halbjahr sowie das Ferienlager zu finanzieren.



 



„Open House“, respektive die Organisation „Eltern für Eltern“ beeindruckt uns immer wieder durch ihre ungebrochene Schaffenskraft, ihren Optimismus und auch die Freude am Erreichten. Dieses initiative Frauenteam, von dem wir diesmal Luda, Oksana und Slawa angetroffen haben, hat seit Oktober letzten Jahres ein Seminar für Mutter und Kind Ende November durchgeführt und ein weiteres für Ehepaare mit behindertem Kind gerade eben anfangs Mai. Geplant ist ein weiteres Seminar für Väter im Oktober. Im Sommer wird erneut ein Ferienlager für Eltern mit behinderten und nichtbehinderten Kindern durchgeführt. Wir haben der Gruppe 8000 Franken überbracht, um damit – und mit dem noch in der Kasse vorhandenen Betrag von 7000 Franken – die genannten Aktivitäten zu finanzieren.



 



Wir haben diesmal ein intensives Kurzprogramm absolviert, aber hatten immerhin noch die Zeit, uns ein Konzert anzuhören, das im Rahmen des Alberto Lysa International Festival aufgeführt wurde. Alberto Lysy (geboren 1935 in Buenos Aires, Argentinien; gestorben 2009 in Lausanne) ist ein argentinischer Geiger, Dirigent und Violinpädagoge, der in Gstaad eine Musikhochschule gründete.



 



Unsere Treffen mit den von uns unterstützten Projektgruppen hat uns einmal mehr gezeigt, dass sich durch unser langfristiges Engagement wirklich nachvollziehbare Erfolge erzielen lassen und dass insbesondere die über Jahre kontinuierlichen Aktivitäten wie jene der Gruppe „Open House“ Massstäbe setzen für soziale Projekte in der Ukraine. Das ist Motivation für uns, unsere Hilfe im gewohnten Rahmen und im persönlichen Kontakt weiterzuführen.



 



Steckborn, 14. Mai 2019



Hanspeter Ryser



 



PS: Selbstverständlich werden immer sämtliche Reisekosten von den Teilnehmern selbst getragen.



 


Partnerclubs

Kreuzlingen

Weitere Bilder

Olexandr Tymtschyschyn (rechts) hat dank der Orthesen laufen gelernt - vorerst mit Rollator.

Schulalltag im Heim Boryslaw.

Sahar Koyij erläutert am Beispiel von Diana Mjatka die Funktionsweise der Orthesen.

Erste Schritte ohne Krücken: Maria Hwust ist glücklich!

Wille, Geduld, und immer wieder zähes Versuchen bilden die Basis für den Erfolg mit Orthesen.

Weihnachten bei der Selbsthilfegruppe "Open Hearts".

Es braucht wenig für fröhliche weihnachtliche Stimmung - Zuwendung ist Basis und Motivation für die behinderten Jugendlichen der Gruppe "Open Hearts".

Die Selbsthilfegruppe "Open Hearts" feiert Neujahr zusammen mit freiwilligen Helferinnen und Helfern sowie den Eltern.

Typisch ukrainischer Empfang bei der Gruppe "Eltern für Eltern". Slawa und Luda offerieren Speckbrötchen und Vodka.

Dokumente im Anhang